StPO – Planspiel

 

Strafprozessrecht – in action:

FAU-TV zu Gast beim Strafprozessrechtplanspiel.

Begleitend zur Vorlesung Strafprozessrecht findet ein  „Prozessplanspiel“ für Studierende statt. In diesem Prozessplanspiel simulieren die teilnehmenden Studierenden über den Zeitraum eines gesamten Semesters ein vollständiges Strafverfahren, von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, über ein Zwischenverfahren, bis hin zum Hauptverfahren, welches wiederum seinen Höhepunkt in der abschließenden Hauptverhandlung findet. Aber nicht nur die Teilnehmenden können hierbei vertiefte Einblicke in den gelebten Strafprozess erlangen. Auch außerhalb der Vorlesung wird stets über die neusten Entwicklungen im Prozessplanspiel berichtet, darüber hinaus sind die mündlichen Verhandlungen innerhalb des Prozessplanspiels außerdem ein fester Bestandteil der Vorlesung. Somit können alle Studierenden der Strafprozessrechtsvorlesung von Professor Safferling den voranschreitenden Prozess hautnah miterleben. Ein weiterer Aspekt des neuen Lehrkonzepts sind häufige Gruppenarbeiten innerhalb der Vorlesung zur selbständigen Bearbeitung von Übungsfällen durch die Studierenden, um anschließend ihre Lösungsvorschläge zu präsentieren. Hierdurch wird über den gewöhnlichen Lerneffekt einer Vorlesung hinaus das Problembewusstsein der Studierenden gefördert. Abschließend erhalten diese noch zusätzlich detaillierte Lösungen zu den besagten Übungsfällen mit weitergehenden Literaturhinweisen, um eine vertiefte Nachbearbeitung zu erleichtern. Mehrere Gastvorträge von Praktikerinnen und Praktikern aus dem Bereich der Richter- bzw. Staatsanwaltschaft sowie der Verteidigung sowie ein Besuch beim Oberlandesgericht München runden die Vorlesung ab.

 

Lehrkonzept vorlesungsbegleitendes Prozessplanspiel Strafprozessrecht:

Die Richterbank bei der Haftprüfung.

Im Vordergrund des „Prozessplanspiel-Konzepts“ steht stets die Verknüpfung von Theorie und Praxis. Das Strafprozessrecht wird in der Ausbildung meist nur oberflächlich behandelt, obgleich es doch einen elementaren Teil des Strafrechts darstellt. Die Idee eines vorlesungsbegleitenden „Prozessplanspiels“ zielt deshalb darauf ab, den Studierenden durch eine praktische Herangehensweise das Strafprozessrecht noch näher zu bringen und zu veranschaulichen, was in der universitären Ausbildung meist nur theoretisch vermittelt wird. Die Studierenden sollen selbständig Schriftsätze (z.B.: Antrag auf Wohnungsdurchsuchung [StA], Haftbefehl [Ermittlungsrichter], Verteidigungsschrift [Verteidiger], Eröffnungsbeschluss [erkennendes Gericht]) verfassen, welche sowohl formal als auch inhaltlich den Ansprüchen eines Strafverfahrens genügen, und in mündlichen Verhandlungen mit ihrer juristischen Argumentation überzeugen. Der Fokus liegt hierbei also ganz klar auf dem „learning by doing“-Effekt. Studierende können somit selbstreflektiert erkennen, welche Probleme bei der praktischen Anwendung des Strafprozessrechts entstehen. Anschließend gilt es mit dem durch die Vorlesung vermittelten, theoretischen Wissen Lösungswege für in einer fiktiv angelegten Akte konkret angelegte Probleme zu entwickeln.

 

Ablauf des Prozessplanspiels im SoSe 2017:

Das vorlesungsbegleitende Prozessplanspiel wird von den Studierenden sehr gut angenommen.

Zu Beginn der Vorlesung wurden die Teilnehmer ihren spezifischen Rollen zugeteilt. Natürlich brauchte es in einem Strafprozess Staatsanwälte, Verteidiger und Richter, aber auch der Beschuldigte sowie Zeugen sind während der mündlichen Verhandlungen durch die Studenten verkörpert worden. Diese „Nicht-Juristen“-Rollen waren mit einer entsprechenden Backgroundstory versehen, doch letztendlich kam es auch hier auf die individuelle Ausgestaltung der jeweiligen Charaktere durch die Studierenden an. Anschließend wurde der „Fall“ präsentiert (Im SoSe 2017 wurde eine männliche Person im Treppenhaus eines Wohnhauses mit einem Hammer niedergeschlagen) und der erste Teil der Akte, d.h. einige Vernehmungen sowie ein rechtsmedizinisches Gutachten, wurde an die Staatsanwaltschaft ausgeteilt. Diese hatte also bereits im Vorfeld das Ermittlungsverfahren eingeleitet und die ersten Zeugen vernommen. Nunmehr nahmen die Teams der Staatsanwaltschaft, der Verteidigung sowie des Gerichts (aufgeteilt in Ermittlungsrichter und erkennendes Gericht) nach und nach ihre Arbeit auf. Es galt für die Staatsanwaltschaft als „Herrin des Ermittlungsverfahrens“ weitere Ermittlungsmaßnahmen anzustrengen und den Sachverhalt aufzuklären. Die Studierenden konnten auf nahezu das gesamte Repertoire an Ermittlungsmaßnahmen der StPO zurückgreifen. Hierbei kam nun auch das Team der Ermittlungsrichter ins Spiel, welches mit den Anträgen der Staatsanwaltschaft konfrontiert wurde und über diese entscheiden musste. Sobald ein konkreter Beschuldigter feststand, hatte auch das Team der Verteidigung die Arbeit aufgenommen. Im Ermittlungsverfahren lag der Fokus bei allen Teams darauf, Schriftsätze zu verfassen und sich mit dem Fall und den sich ergebenden Problemen auseinanderzusetzen. Die technische Entwicklung hat auch vor dem Strafprozessrecht nicht Halt gemacht, sodass eine Mitwirkung von IT-Forensikern im Strafverfahren enorm an Bedeutung gewonnen hat. Diese IT-Forensiker wurden im Prozessplanspiel im Zuge einer Kooperation mit dem Lehrstuhl von Professor Felix Freiling von Studierenden des Fachbereichs Informatik gespielt. Bei der Haftbefehlseröffnung sowie der Haftprüfung konnte darüber hinaus schon im Ermittlungsverfahren mündlich verhandelt werden.

Sobald die Ermittlungen abgeschlossen waren, entschloss sich die Staatsanwaltschaft die Anklage zu erheben. Nun kam auch erstmalig das erkennende Gericht zum Einsatz und entschied im Zwischenverfahren über die Eröffnung des Hauptverfahrens. Als dieses eröffnet wurde, stand der Hauptverhandlung nichts mehr im Wege.

In der Hauptverhandlung selbst galt es für die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung ihre Sichtweise verpackt in juristische Argumentation darzulegen und das Gericht hiervon zu überzeugen. Die Kammer entschied aber nicht nur über den Ausgang des Verfahrens, vielmehr noch oblag der Vorsitzenden während der gesamten Hauptverhandlung die Verhandlungsführung. Es galt mit Anträgen der Staatsanwaltschaft oder der Verteidigung umzugehen und die Beweisaufnahme zu leiten. Erst nachdem die Beweisaufnahme geschlossen war, konnte sich das Gericht zur Beratung zurückziehen. Mit der Bekanntgabe des Urteils endete schließlich auch das Prozessplanspiel. Während des gesamten Prozessplanspiels standen den Teams natürlich auch die Mitarbeiter des Lehrstuhls mit Rat zur Seite.

 

Besuch des Oberlandesgerichts München:

Beim Besuch des 8. Strafsenats des Oberlandesgerichts München konnten die Studierenden der Hauptverhandlung des Strafverfahrens gegen Kamel T.H.J. und Azad R. wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung beiwohnen. Anschließend hielt RiOLG Dr. Hans-Joachim Lutz noch einen Vortrag über die Arbeit der Staatsschutzsenate des Oberlandesgerichts.