Veröffentlichungshinweis: KZ Stutthof – Das vermutlich letzte Urteil des BGH wegen nationalsozialistischer Verbrechen
„Lieber spät als nie?“ Ein Sprichwort, das für manche Person auf den ersten Blick für die justizielle Aufarbeitung des nationalsozialistischen Unrechts zu gelten scheint. Doch mit einem kritischen, geschärften Blick fällt auf: Die Aufarbeitung des systematischen Unrechts, dass das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte hervorbrachte, kann nicht zufriedenstellen. Dieses Fazit bilden Prof. Dr. Christoph Safferling und Diana de Almeida in dem Besprechungsaufsatz, der am 4. April 2025 in der JuristenZeitung erschienen ist.
Anlass für die Bewertung bot das vermutlich letzte Urteil des BGH wegen nationalsozialistischer Verbrechen, das am 20. August 2024 vom 5. Strafsenat (5 StR 326/23) verkündet wurde. Mit dieser Entscheidung bestätigte der Senat die erstinstanzliche Wertung, dass auch die stenotypistische Tätigkeit im Kommandaturstab des KZ Stutthof eine strafbare Beihilfe zum Mord darstellt und schärfte anhand des konkreten Falls die Grundsätze zur Zurechnung einer Handlung innerhalb der Verbrechensmaschinerie des KZ und zur „neutralen Beihilfehandlung“ nach.
Neben einer Urteilsanalyse streift der Besprechungsaufsatz die unrühmliche Rolle des 5. Strafsenats im Umgang mit systematischen Verbrechen. Zu nennen ist etwa die fehlgeleitete Beihilferechtsprechung im Fall Heinrich und Müller, die faktisch zu einer Amnestierung von NS-Gehilfen führte. Der Ausgangspunkt für eine Korrektur dieser Beihilferechtsprechung und für die darauffolgenden Verurteilungen wegen NS-Gewaltverbrechen findet sich im Urteil des LG München II vom 12. Mai 2011. Hieran anknüpfend enthält der Aufsatz überdies eine Auflistung der seit 2008 vor deutschen Gerichten geführten Verfahren wegen NS-Gewalttaten. Die Statistik wirkt dem medialen Eindruck entgegen, die deutsche Justiz würde nun quantitativ nachholen, was jahrzehntelang versäumt worden war.
Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre!