Akte Recht: „NSU 2.0“ – vorläufige Außervollzugsetzung der Gewährung von Akteneinsicht; Zeitlicher Bezugspunkt heimtückespezifischer Arglosigkeit

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Foto © Lérot

Diese Woche stellen wir in Akte Recht zwei spanende Entscheidungen zur Akteneinsicht und der Heimtücke vor.

Kürzlich hatte sich das BVerfG mit strafprozessualer Akteneinsicht zu beschäftigen – jedoch nicht in der klassischen Konstellation seitens einer Beschuldigten nach § 147 StPO, sondern seitens einer Verletzten nach § 406e StPO. Das AG Frankfurt a.M. hatte entschieden, dass einer Empfängerin eines Drohschreibens des sog. „NSU 2.0“ Einsicht in die Ermittlungsakten zu gewähren sei. Die Karlsruher Verfassungsrichter:innen setzten den Vollzug dieser Entscheidung in einem durch eine Beschuldigte angestrengten Eilverfahren nun jedoch vorläufig aus.

Das Mordmerkmal der Heimtücke und die Probleme, die dieses umranken, beschäftigen Studierende in ihrer strafrechtlichen Ausbildung bis über das erste Examen hinaus immer wieder. Insbesondere die etwas untypische Fallgruppe der „von langer Hand geplanten Falle“, mit der der BGH in seiner ständigen Rechtsprechung den zeitlichen Anknüpfungspunkt für die Arglosigkeit des Opfers von der ersten mit Tötungsvorsatz durchgeführten Handlung weit ins Planungsstadium vorgelagert bereitet in diesem Rahmen häufig Schwierigkeiten. Auch in der heutigen Akte Recht bestätigt der BGH wieder dass der zeitliche Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Arglosigkeit in solchen Fallgruppen vorverlagert ist und eine Ablehnung der Heimtücke in diesem Fall erhöhten Begründungsaufwand bedarf, wie durch das Ausgangsgericht nicht hinreichend erledigt.